Die Stiftung Louisenlund wurde 1949 unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg gegründet. Im damals formulierten Stiftungszweck, der mehr denn je seine Gültigkeit hat, ist die „Erziehung von jungen Menschen auf sittlich-geistiger Grundlage zu wahrheitsliebenden, weltoffenen, furchtlosen, in sich selbst ruhenden, Masseninstinkten nicht unterworfenen, der Gemeinschaft bewusst und freiwillig dienenden Menschen“ als Auftrag formuliert. Die Stiftung Louisenlund steht für Toleranz, Völkerverständigung, Weltoffenheit – und wendet sich gegen jede Form von Ausgrenzung, Rassismus oder Ausländerfeindlichkeit. Diese Werte sind unser fundamentaler Erziehungsauftrag für die Schülerinnen und Schüler, die in Louisenlund sind. Im Internat in Louisenlund sind aktuell ca. 320 Schülerinnen und Schüler – wobei rund 100 aus dem Abschlussjahrgang sich aktuell zu Hause auf die mündliche Abiturprüfung vorbereiten. Etwa 60 Schülerinnen und Schüler sind „internationale“ Schülerinnen und Schüler, deren Eltern in 15 verschiedenen Ländern leben. Mit dem International Baccalaureate bietet die Stiftung Louisenlund einen internationalen Bildungsgang komplett in englischer Sprache an.
Erziehung und Sozialisation in eine Gesellschaft ist ein aktiver Vorgang, der nicht von selbst passiert – und für jede Generation junger Menschen einen neuen Auftrag darstellt. Louisenlund steht heute für einen Dreiklang aus bestmöglicher akademischer Förderung, Persönlichkeits- und Charakterbildung und dem Leben in einer starken Gemeinschaft im Internat.
Diese Gemeinschaft gestalten wir in vielfältigen Gilden und Aktivitäten. Verpflichtend für alle Schülerinnen und Schüler ist, sich in einer Dienstgilde ehrenamtlich zu engagieren. Das ist beispielsweise in der Feuerwehr, dem THW, der Wasserrettung oder den First Respondern möglich.
Zu Gemeinschaft gehört auch, gemeinsam zu feiern. Einmal wöchentlich findet eine Schülerparty im Schülerhaus statt. Das ist ein Jugendtreff mit Theke, DJ-Bereich und Tanzfläche, Bänken und Tischen und einem Fernseher, um beispielsweise gemeinsam ein Fußballspiel anzuschauen. Die Partys beginnen ca. um 19 Uhr und enden um 22 Uhr. Bereits um 21:30 Uhr verlassen die 9.- und 10.Klässler die Party, um zum „Zentralpusten“ zu gehen. Es gibt strenge Alkoholregeln, die so überprüft werden. Die Partys sind nicht öffentlich.
Die Schülerhauspartys finden am Donnerstagabend statt, wenn darauf ein freies Wochenende folgt. Bei schönem Wetter waren am 23.5.24 um ca. 21:15 Uhr geschätzt 40 Schülerinnen und Schüler im Schülerhaus, an der Theke und auf der Tanzfläche. Das ist ein mäßiger Besuch, es wurde dennoch ausgelassen gefeiert und getanzt. Zu diesem Zeitpunkt waren drei unserer Internatspädagoginnen und -pädagogen ebenfalls im Schülerhaus, die die Jugendpartys begleiten – und ja auch die Aufsichtspflicht im Internat übernehmen.
Die Musikauswahl obliegt dem DJ-Team, die Schülerpartys selbst werden von Schülerinnen und Schüler mitgestaltet und organisiert. Das DJ-Team kennt den Musikgeschmack der Schülerschaft und legt entsprechend auf. Zum regelmäßigen Repertoire gehört das Lied "L' Amour Toujours" von Gigi D'Agostino. Das wurde – wie in den Wochen zuvor – auch am Donnerstag aufgelegt. Eine unserer Internatspädagoginnen hatte den aktuell in den Medien intensiv dargestellten Vorfall dazu verfolgt und war entsprechend aufmerksam. Sie glaubte aus der allgemeinen Lautstärke ein „Ausländer raus“ gehört zu haben. Da die Pädagogin an der Theke direkt neben dem Hauptschalter der Lautsprecheranlage stand, hat sie reflexartig sofort die Anlage abgestellt, ging auf die Tanzfläche und hat die Schülerschaft deutlichst auf ihr offensichtliches Fehlverhalten hingewiesen. Sie hat die Party beendet und die Schülerinnen und Schüler zum Nachdenken ins Bett geschickt. Mit einigen Schülerinnen und Schülern gab es direkt noch ein Gespräch. Sie waren völlig überrascht von der Heftigkeit der Reaktion. Sie wären doch nicht fremdenfeindlich, sie hätten das Video nachahmen wollen. Viele Schüler kamen danach auf die Pädagogin zu und sagten, sie hätten wegen der Lautstärke der Musik die Gesänge gar nicht wahrgenommen. Einige dachten, es wäre bereits 21:30 wo regelmäßig „10er raus“ skandiert wird, weil die Schülerinnen und Schüler des 10. Jahrgangs dann die Party verlassen und zum Alkoholtest müssen. Die beiden anderen Kolleginnen bestätigten, dass noch bevor irgendjemand agieren konnte der Strom bereits abgestellt worden war. Noch am Abend wurde per Email das Kollegium in Louisenlund über den Vorfall informiert, weil es immer auch darum geht, das Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern zu suchen und sie auch in solchen schwierigen Situationen nicht alleine zu lassen.
Bedingt durch das freie Wochenende hat es dann heute am Montag, den 27. Mai 2024 viele Gespräche mit Schülerinnen und Schülern gegeben, die zur Aufklärung der oben beschriebenen Situation mit beigetragen haben. Es geht um 8 junge Menschen, die sich diesem Gesang – in einer wenige Sekunden dauernden Sequenz – angeschlossen hatten – bevor eben instantan der Strom abgestellt wurde. Die Schülerschaft insgesamt ist völlig erschüttert, wütend und deprimiert, dass es in Louisenlund eine solche Szene gegeben hat und dass Mitschüler es „cool“ finden, andere Vorfälle und Videos in dieser Form im Schülerhaus nachzuahmen. Die Schülerschaft findet auch die ersten Artikel, die nun erschienen sind als ziemlich unfair. Diese Artikel beschreiben nicht die Schülerschaft in Louisenlund. Die Schülerschaft und die Schule insgesamt lehnen jegliche Form von Fremdenfeindlichkeit oder Ausländerhass strikt ab. Ich habe mit den minderjährigen Schülerinnen und Schülern gesprochen, die beim Schülerhaus dabei gewesen sind. Sie weisen alle klar von sich, dass sie irgendwie fremdenfeindlich sein wollten oder es in irgendeiner Form um den eigentlichen Inhalt der Parolen gegangen sei. Alle haben Freunde, die in diesem Sinne als „Ausländer“ gelten. Es sei ihnen in einem Anflug großer „Dummheit“ um das Nachahmen der Szenen aus dem bekannten Video gegangen. Die mögliche Tragweite und Folgen eines solchen Imitats sei ihnen überhaupt nicht bewusst gewesen. Sie bereuen dieses Fehlverhalten sehr und sind bereit, jegliche Sanktionen der Schule als Strafen anzunehmen.
Die Schulleitung hat fortlaufend die Elternschaft, die Schülerinnen und Schüler und die Mitarbeitenden der Stiftung Louisenlund über die nächsten Schritte informiert. Die Schulaufsicht des Ministeriums ist informiert. Die Schule hat heute ein Maßnahmenpaket beschlossen, das folgende Elemente enthält:
Mein Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen, die sofort klar und im Sinne unserer Werte und Erziehungsgrundsätze gehandelt haben und all denen, die jetzt pädagogisch gefordert sind und mit den Schülerinnen und Schülern gemeinsam arbeiten. Mein Dank gilt auch der Schülerschaft, die sich vorbildhaft verhalten hat und für die klar formulierten Haltungen – vor allem des Schülerhaus-Teams. Mein Dank gilt auch der Elternschaft, die den erzieherischen Kurs der Schule sehr unterstützt und mit ihren Kindern auch zu Hause ins Gespräch geht.
Dr. Peter Rösner – Leiter Stiftung Louisenlund